ANTONIUSFEUER bei den Autorentagen in Ulm

Anläßlich der Autorentage "Neue Dramatik" des Ulmer Theaters wird das Theaterstück ANTONIUSFEUER (3D, 4H) der Nachwuchsdramatikerin Anne Jelena Schulte in einer Szenischen Lesung am 04. November 2006 vorgestellt. Der Text wurde bereits vom NDR als Hörspiel aufgezeichnet.

Das Stücke geht zurück auf einen authentischen Fall, das Schicksal des Joachim Schwahr, geboren 1922, 1949 wegen (konstruierten) Spionagevorwürfen vom russischen Militärtribunal zu 25 Jahren Arbeitslager verurteilt.

Er verbrachte 8 Jahre in den Gefängnissen Bautzen und Torgau, wo er Schikane, Erpressung, Hunger und Kälte ertragen mußte. Ständig hatte er Angst, Freunde und seine Familie zu verraten. Er erkrankte an Tuberkulose und entwickelte vorübergehend Wahnvorstellungen.

Das Stück beginnt nach seiner Entlassung und Flucht nach West-Berlin, wo er versucht privat und beruflich ein neues Leben aufzubauen. Tante Käthe empfängt ihn und hilft aus sehr persönlichen, egoistischen Motiven. Seine Kräfte aber sind durch die traumatische Gefangenschaft sehr begrenzt. Er beantragt im Westen eine finanzielle Beihilfe und gerät in die Mühlen der Bürokratie. Bei Schwahr reift der Gedanke an Rache, er ist davon überzeugt, dass er durch das Essen seiner Untermieterin vergiftet wird. Über eine Kontaktanzeige versucht er, eine Beziehung aufzubauen, die kläglich scheitert. Seine geliebte Krankenschwester Luise läßt sich mit dem ihn untersuchenden Arzt Dr. Ritter ein. Auch seine Erfindungen, die er am Patentamt anzumelden versucht, scheitern allesamt.
Ein Sachbeamter übermittelt die von ihm gestellten Anträge, stempelt seine berechtigten Beihilfen ab. Eine Krähe verfolgt und kommentiert das Geschehen aus dem Monitor. Am Ende bricht das Leben über ihm zusammen, er geht unter. Weder der Westen noch vormals der Osten hat ihm (Lebens) Glück gebracht. Ein Gestrandeter und Gescheiterter zwischen den Welten, schwankend zwischen Auflehnung, Resignation und Wahnvorstellungen.

Sehr behutsam geht die Autorin der Frage nach, wieviel Fürsorge vom Staat erwartet werden darf, sie wirft die Frage der individuellen Selbstverantwortung auf und zeigt das Scheitern eines Einzelschicksals sowohl im sozialistischen wie im kapitalistischen System.