In ihrem Drama »Die Menschenfeindin« (1848) entwirft Jewdokija Petrowna Rostoptschina den in der Weltliteratur einzigartigen Charakter eines weiblichen Dandy, einer jungen von der Gesellschaft verwundeten Frau, die ihre Verletzung hinter der Fassade der Unnahbarkeit und der Ironie verbirgt und sich bei lebendigem Leibe in Luxus einkerkert. Damit steht sie in der direkten Tradition eines Lord Byron, Charles Baudelaire und vor allem Michail Lermontow. Einstmals vom Erfolg der naturalistischen Dramen von der Bühne verdrängt, kann Rostoptschinas Werk heute vorurteilsfrei wiederentdeckt werden. Es lohnt sich …
Zoe, in Zurückgezogenheit lebend, wird zum Gegenstand einer zynischen Wette: Vor seinen Jagdkumpanen prahlt Valentin, er werde die schöne und gebildete Fürstentochter erobern und sich ihrer großen Reichtümer bemächtigen. Doch Zoe ist mit den gesellschaftlichen Intrigen bestens vertraut und entlarvt den Coup. Dabei dreht sie den Spieß einfach um und quält den allzu selbstbewussten Verführer mit Nerven zerreißenden Katz-und-Maus-Spielen. Als ihr einstiger Verlobter, Graf Juri, in der Verkleidung eines Magnetiseurs auftaucht, kommt es zwischen den beiden jungen Männern zum Duell. Aber auch in dieser Situation weigert sich Zoe, zu einem Objekt erklärt zu werden. Sie lässt das Duell platzen. Und während sie für eine ihrer Arbeiterinnen eine glückliche Hochzeit arrangiert, ist sie nicht im Stande, selbst einen seelenverwandten Menschen zu finden. In der Gestalt von Graf Juri und Valentin verstößt sie sowohl ihre Vergangenheit als auch ihre Zukunft und bleibt in tragischer Einsamkeit zurück.