Eine junge russische Frau, Marjuschka, freundet sich online mit einem Mitglied einer islamisch-radikalen Sekte an, wird von ihm angeworben, heiratet ihn via Skype und geht nach Syrien. Nach ihrer Rückkehr nach Russland wird sie angeklagt und verurteilt. Marjuschka steht dabei stellvertretend für die ca. 2000 Frauen, die allein in Russland in den letzten Jahren über das Internet rekrutiert wurden und sich dem IS anschlossen. Das Stück zeichnet abwechselnd anhand von realen, verlesenen Urteilen, fiktiven Gerichtsdialogen, poetisch-märchenhaften Träumereien, konkreten Handlungsanweisungen und Chatprotokollen die Geschichten dieser Marjuschkas nach und zieht Parallelen zum russischen Märchen von Finist dem hellen Falken: Eine junge Frau macht sich auf die beschwerliche Reise und bringt viele Opfer, um ihren Geliebten zu finden. Im Märchen spiegelt sich das Archetypische, Ursprüngliche, Zeitlose, dem das Theaterstück nachgeht: Was ist dieses unausrottbare menschliche Bedürfnis nach Liebe und Anerkennung, das Männer dazu bringt dafür zu töten und Frauen, sie dabei zu unterstützen?
Die dokumentarischen Materialien, drei Urteile und Gerichtsakten, Rekrutierungsdetails und Interviews mit Inhaftierten bilden die Grundlage des Stückes und basieren unter anderem auf der Geschichte der damals neunzehnjährigen Studentin Warwara Karaulowa, die vom IS angeworben und später in Russland angeklagt wurde.
Das Stück fragt danach, was diese Frauen antreibt, alles für ihr Liebesideal zu opfern und entlarvt dieses in den Parallelen zum Märchen von Finist als höchst fragwürdig: Sie glauben, dass Liebe nur durch Opfer verdient werden kann und dass Liebe nur dann echt ist, wenn sie auf tragische Hindernisse stößt.
Ein empathisches Stück über das Urbedürfnis nach Liebe und Anerkennung, das gepaart mit einem falschen Ideal von bedingungsloser Hingabe und dem Streben nach Bedeutung empfänglich für Radikalisierungen macht