Ljudmila Petruschewskaja

Ich wurde 1938 geboren, demzufolge war das wesentlichste Ereignis meiner Kindheit der Krieg. Bombenangriffe, Evakuierung, Hunger, Kinderheim - all das haben die Menschen meiner Generation durchgemacht. (...) Nachdem ich 1961 die Universität in Moskau absolviert hatte, begann ich bei Zeitungen und im Funk zu arbeiten - aber ohne großen Erfolg, denn ich habe immerzu nicht das gemacht, was gefordert wurde. (...) Die Zeitschrift "Novyj Mir" hat mich sehr unterstützt, und dank ihr habe ich lange Jahre durchgehalten. (...) Dann habe ich einmal zehn Erzählungen in einen Umschlag gepackt und sie an die Zeitschrift "Avrora" geschickt. Und nach einigen Monaten bekam ich Antwort: "Ihre Erzählungen sind wirkliche Literatur...Wir werden sie drucken." Ich war gerade dabei, den Fußboden zu wischen und ließ mich mitten auf dem gewischten Boden vor Glück auf die Knie nieder. Seit 1972 werde ich veröffentlicht. (...) Ebenfalls Anfang 1972 wurde ich vom MCHAT (dem Moskauer Künstlertheater) angerufen, und man schlug mir vor, für sie ein Stück zu schreiben. (...) Das Stück erschien erst nach zehn Jahren, 1983. Es heißt "Musikstunden"."
Die Uraufführung der "Musikstunden" hatte 1979 stattgefunden, 1980 hatte Juri Ljubimow "Liebe" im Rahmen eines Einakterabends am Taganka-Theater herausgebracht, der eigentliche Durchbruch kam aber erst 1985 mit Mark Sacharows Inszenierung von "Drei Mädchen in Blau", für das Moskauer Theater des Leninschen Komsomol geschrieben. Erst in der Ära Gorbatschow gelangte sie ins Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit; bis dahin unterlag ihr Werk weitgehend einem Druck- und Aufführungsverbot; es konnte - unter Umgehung der Zensur - nur im Samisdat (Selbstverlag) publiziert, in geschlossenen Keller- und Zimmeraufführungen gespielt werden. Der erste internationale Erfolg kam mit der auch im Ausland gezeigten Aufführung von "Cinzano" durch das Moskauer Studiotheater "Tschelowek". Inzwischen wurden die zahlreichen Stücke von Ljudmila Petruschewskaja in mehrere Sprachen übersetzt. Sie schrieb auch das Drehbuch für den Zeichentrickfilm "Das Märchen von den Märchen" (Regie J. Norstein) sowie einige Prosawerke. Ferner übersetzte sie Stücke von Autoren aus verschiedenen Republiken der ehem. Sowjetunion. Ihre Stücke werden auch im Ausland gespielt.