München, 1929: Die Wirtschaftskrise macht sich im Alltag bemerkbar, radikale rechte wie linke Ideologien breiten sich aus. Dazwischen orientierungslose Menschen wie Alfons Kobler, Anna Pollinger und Josef Reithofer. Kobler ist ein unseriöser Autohändler, der nach einem betrügerischen Geschäft sein Geld in eine Reise nach Barcelona investiert, um sich dort eine reiche Frau zu angeln; Pollinger, eine arbeitslose Näherin, die beschließt Geld für ihre Rendezvous zu nehmen und zuletzt Reithofer, der von Annas Nebenerwerb zunächst abgestoßen ist, ihr dann aber doch selbstlos zu einer Stelle als Schneiderin verhilft. Das immer wieder sehr aktuelle Panoptikum des Typs „Spießer“, das Ödön von Horváth in seinem Roman entwirft, hat der Regisseur Michael Stacheder klug für die Bühne arrangiert. Sieben Stimmen changieren fließend zwischen Erzählung und Figur. Horváths erster Roman unterhaltsam und kurzweilig für die Bühne bearbeitet.
Plötzlich sitzt da ein Kranich im Kindergarten. Krana ist auf dem Heimweg von Spanien in den Norden mal kurz abgebogen, um ein bisschen Zeit für sich zu haben. Immer nur hinter dem Schwarm herfliegen – das ist doch langweilig. Und nun erzählt sie den Kindern aufgeregt von ihren Erlebnissen auf der langen Reise. Doch das viele Fliegen und Erzählen macht auch hungrig. Gibt es im Kindergarten etwas für Kraniche zu fressen, oder muss Krana früher oder später doch wieder zu ihrem Schwarm aufschließen? Dieser witzige Monolog bringt seinem jungen Publikum die Welt der Zugvögel näher, erzählt aber auch eine Menge über uns Menschen: Was heißt „ich“, was heißt „wir“? Wie wichtig ist Zusammenhalt?
Dr. Hermann „Flatter“ Flatinsky ist renommierter und leidenschaftlicher Eintagsfliegenforscher. Jeden Tag begleitet er seine Fliegen, unter genauer Beobachtung und mit viel Mitgefühl, von der Larve bis ins Grab. Inklusive kleiner Trauerfeier. Doch diese Routine wird gestört von Dr. Florina „Blub“ Blubetz, die akut kein eigenes Labor, dafür viel Medienrummel im Gepäck hat. Ihr Forschungsobjekt - der 200 Jahre alte Grönlandhai Hektor - ist eine Sensation. Die Arbeit der beiden könnte unterschiedlicher nicht sein: Er untersucht im stillen Kämmerchen die fleischgewordene Kurzlebigkeit, sie forscht medienwirksam über eine der ältesten Tierarten auf unserem Planeten. Bis Hektor plötzlich abtaucht und nicht mehr auffindbar ist. Was soll Blub nun machen? Kein Hai, kein Labor, keine Fernsehauftritte. Aber wo nichts ist, bleibt in der Wissenschaft nur die Neugier. Und so helfen sich Blub und Flatter gegenseitig aus ihren Miseren und gewinnen ganz neue Perspektiven auf die Arbeit des jeweils anderen. Die junge Autorin Caroline Docar schreibt in ihrem ersten Stück über Forschung, Freundschaft und den Umgang mit Medienrummel, das verspielt zum Lernen und (Nach-) Forschen anregt.
Rosemarie und John haben sich vor Jahren getrennt und seitdem nicht mehr gesehen. Als die beiden zufällig beim Weihnachtseinkauf aufeinandertreffen, ist die Überraschung groß. Vor dreißig Jahren waren sie unsterblich ineinander verliebt. Schnell merken sie: Das Feuer von damals, es glüht noch immer. Aber wieder traut sich keiner von beiden, über seinen Schatten zu springen und sie gehen getrennte Wege. Am gleichen Tag steht ein junger Mann, Erling, vor Rosmaries Haustür und behauptet ihr Sohn zu sein. Rosemarie, die nie ein Kind hatte und seit Jahren allein lebt, will ihn abwimmeln. Doch Erling weiß alles über sie und John. Danach erscheint John, der wissen will, warum sie ihm nie vom gemeinsamen Sohn erzählt hat. Ein Weihnachtswunder? Oder drehen alle an den Festtagen durch … Rosmarie und John beginnen Pläne zu schmieden. Kann ihr Leben neu beginnen? Ein Stück über ungelebte Träume und unerwartete Wunder, über Lebenslügen und verpasste Chancen. Mit Witz und Ironie wird die Kraft der Liebe ins Zentrum gerückt. Ein charmantes und nachdenkliches Weihnachtsstück für Erwachsene.
Johanna folgt der Wochenendeinladung ihrer verwitweten Mutter Henriette. Als Henriette ihr stolz ihren neuen, 25 Jahre jüngeren Freund vorstellt, fühlt sich Johanna von ihrer Mutter überrumpelt. Mit dieser Neuigkeit hat sie nicht gerechnet. Henriette ist demonstrativ glücklich mit Philipp, Johanna bleibt misstrauisch. Sie sieht in Philipp nicht den neuen sympathischen Freund ihrer Mutter, sondern vielmehr einen Heiratsschwindler. Philipp versucht, die Wogen zwischen Mutter und Tochter zu glätten. Doch das Zusammentreffen der drei gestaltet sich zunehmend turbulent. Marcus Grube hat das Drehbuch von Frédéric Hambalek in ein lustvoll unterhaltsames Kammerspiel übertragen. Humorvolles und tiefgründiges Theater, als Spaß für Spielende auf und Zuschauende vor der Bühne.
Das Märchen vom Rotkäppchen ist hinlänglich bekannt. Und dennoch lassen sich diesem Stoff immer wieder neue Aspekte abgewinnen. Zumal, wenn Rotkäppchen nicht nur Hilfe durch den Jäger zu Teil wird, sondern vor allem durch die Tiere und Bäume des Waldes, die auf sie achtgeben. Da ist der ängstliche, aber pfeilschnelle Hase, der stachelig-runde Igelmann und das fürsorgliche Eichhörnchen. Doch auch der böse Wolf lauert auf dem Weg und bringt sie geschickt von diesem ab, um sich selbst zur Großmutter aufzumachen. Doch mithilfe des tierischen Trios nimmt alles noch ein gutes Ende. Manuel Schöbel ist mit seiner Fassung dieses Klassikers ein echtes Umweltmärchen gelungen mit liebenswerten Figuren, Witz und viel Musik.
Geregelt und geordnet ist der Arbeitsalltag in der DDR. Eine Brigadefeier kann diese Ordnung schon einmal durcheinanderwirbeln. Ja, es entsteht mitunter ein explosives Gemisch, wenn lang unterdrückte Konflikte oder verborgene Lieb- und Leidenschaften plötzlich von einem gefährlichen Mix aus Alkohol und guter Musik ans Licht gebracht werden. So nimmt der Abend seinen überraschenden Lauf. Es wird beobachtet und am Fenster gestanden. Da hat jemand den Farbfilm vergessen oder erinnert sich an die Zeit, als er wie ein Vogel war. Da singen sie alle laut und voller Gefühl ihre Lieblingslieder mit, bevor sie sich wohin auch immer auf den Weg machen.
Heiraten? Muss das denn sein? Prinz Ramiro würde viel lieber weiter mit seinem Freund Dandini an der allerbesten Faltung seines Papierfliegers tüfteln und macht sich nur ungern auf die Suche nach der Frau fürs Leben. Dabei trifft er nicht nur auf viele unterschiedliche Heiratskandidatinnen, sondern findet auch zu sich selbst und seiner großen Liebe. Mit der Musik von Rossinis komischer Oper „La Cenerentola“ wird das Märchen vom Aschenputtel aus der Sicht des Prinzen witzig und abwechslungsreich erzählt, und die Kinder bekommen ganz selbstverständlich vermittelt, dass ein moderner Prinz nicht nur eine Prinzessin, sondern auch seinen Traumprinzen heiraten kann.
Kleider machen Leute, heißt es. Wer aber macht die Kleider? Und unter welchen Bedingungen? Wer legt sie an, wer legt sie ab, wer trägt sie auf, wer schmeißt sie weg – und was hat der tote weiße Mann mit alledem zu tun? Wo der doch eher selten Kleider trägt, weil er traditionell die Hosen anhat. Und im Übrigen ja auch noch lange nicht tot ist. Was aber ist er dann? Und was sagt seine Frau dazu? In DIE KLEIDUNG DES TOTEN WEISSEN MANNES geht es um schnelle Mode und deren langsamen Abbau, um lokale Ausbeutung und globale Umweltverschmutzung – und darum, wie das, was wir uns hierzulande überwerfen, andernorts zum Flächenbrand führt.
Jedes Ereignis, das eine Wahrscheinlichkeit größer als Null hat, tritt in einem unendlichen Universum früher oder später ein. Und deshalb ist es zwar außergewöhnlich, dass der zehnjährige Alex einen Meteoriten an den Kopf bekommt und seine hellseherisch begabte Mutter dieses Ereignis auch noch in ihren Karten vorhergesehen hat, aber eben nicht unmöglich. Und es ist auch nicht unmöglich, dass Alex sieben Jahre später an der britischen Grenze mit 4,8 Kilogramm Marihuana im Kofferraum und einer Urne auf dem Beifahrersitz aufgegriffen wird – auch wenn es sich diesmal um keinen kosmischen Zufall handelt, sondern um das Ergebnis seiner eigenen Entscheidung. Denn Alex hat seinem besten Freund, dem Vietnam-Veteran Mr. Peterson, beim Sterben geholfen – und zwar auf genau die Art, wie dieser es sich gewünscht hat. DAS UNIVERSUM VS. ALEX WOODS erzählt die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft zwischen zwei Außenseitern – aber auch eine Geschichte von Schicksal und Zufall, von Wissenschaft, Unendlichkeit nach innen und außen, vom freien Willen, von Abschied und vom Planeten Tralfamadore, dessen Bewohner nicht linear in der Zeit leben und die Angewohnheit haben, Menschen in Zoos einzusperren. Marisa Wendt hat den Roman des britischen Autors Gavin Extence in eine freie und poetische Bühnenfassung gebracht, die sich am Erzählprinzip und den Motiven des Originals bedient, aber doch eine ganz eigene Geschichte erzählt.