FABELHAFTE FAMILIE BAADER im Schloßtheater Moers
Was wäre, wenn die Mitglieder der RAF-Gruppe eine Generation später zur Welt gekommen wären? Und was wäre, wenn Andreas Baader und Gudrun Ensslin statt Terroristen, kapitalistische Spießer-Karrieristen gewesen wären?
Carsten Braundaus absurdes Werk FABELHAFTE FAMILIE BAADER wirft einen grotesken Blick auf ein Kapitel der deutschen Geschichte, das man nach dem Theaterbesuch mit Sicherheit in einem anderen Licht sehen wird.
Am Sonntag, 7. Juni 2015, feierte das Stück in kongenialer Inszenierung von Matthias Heße am Schloßtheater Moers Premiere. Marissa Möller und Patrick Dollas gaben Gudrun und Andi, und Regisseur Heße sorgte selbst als die Sekretärin „Carsten Brandau" für weitere Verstrickungen.
„Weitere Besonderheit des Premiere-Abends: Der Autor sitzt im Publikum und wird später von einem ‚schönen Theaterabend' sprechen. Die Experimentierfreude der Schauspieler, unter anderem auch die verschiedenen filmischen Elemente, und das Prozesshafte haben es ihm angetan. Marissa Möller zeigt die sensible wie hochexplosive Pfarrerstochter Gudrun Baader, die nicht nur sich und ihre Finger, sondern allmählich ihre Persönlichkeit verliert. Matthias Heße - er führt gleichzeitig Regie - liefert als übergewichtiger Herr Brandau, zugleich Macher und Strippenzieher, schauspielerische Leistung, auch im zu knapp sitzenden Body. Als Carsten Brandau treibt er zum Schluss Andreas Baader in den Wahnsinn und liefert ihm die Tatwaffe, mit der der Firmenchef hingerichtet wird.
Mit der Premiere ‚Fabelhafte Familie Baader' haben die Ensemblemitglieder eine absurde wie groteske Situation geschaffen. Die Frage "Was wäre passiert, wenn", ist durchaus legitim und gerät zur schrillen Farce. Die Geschichte der RAF wird nicht neu erzählt, sondern in eine verdrehte Welt katapultiert. Im 40. Jahr ist das Schlosstheater seinem Ruf treu geblieben." (rp-online, 09.06.2015)
„ ... irgendwann stellt sich heraus, dass Andreas’ Sekretärin Carsten Brandau heißt, also seltsamer Weise wie der Autor des neuen Stücks am Moerser Schlosstheater, in dem wir uns gerade befinden: „Fabelhafte Familie Baader“. Denn Gudrun ist eine geborene Ensslin und heißt jetzt Baader. Und dass sie in früheren Zeiten RAF-Terroristen geworden wären, zieht der harmlos anlaufenden Komödie einen beunruhigenden doppelten Boden ein – ab jetzt wird sie immer aberwitziger, die Zusammenhänge undurchsichtiger und alles dreht ab in eine böse, anarchische Farce.
Das liegt auch an den großartigen, ideenreichen Einfällen des Regisseurs Matthias Heße, der auch gleich eine der drei Rollen übernommen hat. Das liegt aber auch an den beiden anderen Schauspielern Patrick Dollas und Marissa Möller, die mit heftigem bis artistischem Körpereinsatz, echten Ohrfeigen und grandioser Komik arbeiten. Ein Abend, der seine gesamten 80 Minuten lang kurzweilig bleibt und das Zeug zum neuen Kult-Stück hat." (derwesten.de, 08.06.2015)