Jean Genets 1957 veröffentlichtes Prosagedicht DER SEILTÄNZER entwirft ein einsames Bild vom Künstler in der Gesellschaft. Gefallsucht und Egoismus darf den Artisten nicht von seiner Funktion auf der Bühne ablenken. Dort muss er seine gesamte Existenz bündeln, abgeschottet von der Außenwelt. Genets Werk orientiert sich auch an Nietzsches „Zarathustra“, in dem die gefährliche Lage des Künstlers und seine daraus resultierende Isolation kühne Höchstleistungen erlauben.
Ein Schauspieler steht auf der Bühne. Allein. Und wartet auf den Kollegen, der schon längst da sein sollte. Gleich einer Improvisation entwickelt sich ein Monolog in manchmal schnoddriger, manchmal beißend-ironischer aber immer erfrischend-temporeicher Manier. Was soll ein Schauspieler, was kann ein Schauspieler und was muss ein Schauspieler leisten? Welche Rolle spielt dabei das Publikum und wie beeinflussen Regisseur und andere hinter der Bühne Wirkende die Arbeit des Akteurs auf den Brettern, die die Welt bedeuten? Der Schauspieler nimmt kein Blatt vor den Mund, plappert einfach vorlaut drauf los. Auch das Publikum wird involviert, philosophische Exkurse werden gewagt und unverhohlen wird aus dem Nähkästchen mit Theaterinterna geplaudert. Wo wohl der französische Kollege mit seinem Münchhausen-Kostüm bleibt? Armin Petras hat mit seinem Werk, das er an Gedanken und Werke von Nietzsche und Genet angelehnt hat, eine Studie über den Schauspieler als Künstler und Menschen geschaffen. Innerhalb der beinah minimalistischen Textfläche des Monologs tun sich einerseits wahre Abgründe des Künstler-Daseins auf. Andererseits klingt ein hintergründiger und fein durchdachter Humor durch, der das Publikum doch immer wieder versöhnend auf die Seite des Akteurs zieht. Ein intelligentes Stück, das für einen Solo-Darsteller und eine stumme Statistenrolle ausgelegt ist.