Der Oger

Von Veza Canetti

4 D
8 H
Kl.Rollen

Der Oger - der menschenverachtende Riese aus dem Märchen - tritt bei Veza Canetti als ganz normaler Mensch auf, als Bürger. Er ist der Sohn eines bosnischen Kaufmanns und wurde mit der Tochter eines anderen Kaufmanns verheiratet. Hauptsache die Mitgift stimmte: meine Tochter heiratet sechs Häuser, so hieß es in der Unterzeichnung. Doch dann kommt der erste Weltkrieg, der große Zusammenbruch.

Der Oger, in der Öffentlichkeit der verehrte Wohltäter, ist zu Hause der Despot, der die Kinder tyrannisiert und die Frau so lange quält, dass sie schließlich in die Nervenheilanstalt kommt. Aus dem Bürger ist der Menschenfresser geworden.

Veza Canettis Stück ist ein beklemmender Bilderbogen mit scharf umrissenen Personen: neben dem Oger ist besonders Draga, seine Frau, eine unvergeßliche Figur, die an Horvaths Frauen erinnert - wie überhaupt das Stück eine Wiener Tradition aufnimmt und mit unverwechselbaren Mitteln weiterführt.