Wir Großstadtmenschen kennen sie alle: unsere Nachbarn. Sie hören Musik (immer die falsche). Sie waschen ihre Wäsche (immer nachts). Sie laufen in Stöckelschuhen herum (immer gleich über unserem Kopf) und lassen wochenlang ihre Müllbeutel vor der Tür stehen (immer läuft da etwas aus). Sie streiten zu unchristlicher Zeit, vergessen, uns im Hausflur zu grüßen, schieben unsere Fußmatte gerade und rufen sofort die Polizei, sobald wir einmal die Musik aufdrehen. Wer sind diese Menschen? Und: was haben wir damit zu tun?
Sigrid Behrens hat - basierend auf ihr zugesandten Erlebnisberichten - ein Theaterstück über Wohnen in Deutschland geschrieben. Die Autorin wirft einen Blick in eines jener Mietshäuser: Da gibt es Frau Höppner, von allen nur die Mutter genannt, obwohl sie nie leibliche Kinder hatte; da gibt es Ulli, die junge Altenpflegerin, die sich danach sehnt, endlich einmal mehr zu sein als nur "eine Freundin"; da gibt es Yolanda, die neue Mieterin im Haus, die ihren Lebensunterhalt als Geräuschemacherin bestreitet, obwohl sie die Geräuschlosigkeit beherrscht wie keine zweite; und da gibt es Herrn Geist, den Mann ohne Alter, ein arbeitsloser Geräuschefanatiker auf der Suche nach dem perfekten Eigenklang.
Deine Küche sieht mir ähnlich ist eine Partitur des städtischen Um-, An- und Miteinander; in einer gleichwohl lyrischen wie kurzweiligen Sprache erzählt Sigrid Behrens vom Kennenlernen und Näherkommen gleich vor der eigenen Haustür - und davon, wie ein nie vermisster Junge zum verlorenen Sohn werden kann. Zum Beiwohnen!
"Die Autorin hat das alles zu einem musikalischen Stimmengewirr verarbeitet, zu einem modernen Chor, einer Partitur voller Allgemeinplätze, unter deren Oberflüche sich individuelle Großstadtmenschen verbergen. All dies ist weniger melancholisch, als es klingt, sondern grotesk und oft auch komisch..."
(Hamburger Abendblatt, 27. Mai 2008)