Ralf G. Krolkiewicz hat für das Junge Staatstheater in Wiesbaden ein Auftragsstück über das Leben der Jeanne`Arc verfasst, ICH JEANNE ( 2 D, 3 H), das am 8. März 2008 im Studio uraufgeführt wurde (Regie: Matthias Faltz). Krolkiewicz hat aus diesem historischen Stoff ein modernes, heutiges Stück für ein junges Publikum (ab 14) gemacht, der Regisseur hat es in packende Bilder gefasst. Einige Rollen werden in Wiesbaden von Puppen gespielt, ein Verfremdungseffekt mit einem besonderen ästhetischen Reiz.
Erste Kritiken
Kaputte Seelen
„Ich Jeanne“, ein Stück über das Leben der Jeanne d’Arc von Ralf-Günter Krolkievicz, wurde jetzt im „Studio“ des Wiesbadener Staatstheaters uraufgeführt.
Der in Erfurt gebürtige Autor (Jahrgang 1955) hat im Auftrag des „Jungen Staatstheaters“ der uralten, in den verschiedensten Dramatisierungen überlieferten Geschichte der Hl. Johanna seine Version für heranwachsende Theaterbesucher hinzugefügt. Johanna, das Mädchen aus dem 100-jährigen Krieg, das kaum mehr als seinen Namen schreiben konnte, zog auf göttlichen Befehl in die Schlacht, um Frankreich zu retten. Johanna, ein Engel wider Willen, zur Heldin entflammt und verdammt, scheitert, um 500 Jahre später als Frau des Jahrtausends glorifiziert zu werden.
Krolkievicz, mehrfacher Preisträger, u. a. des Augsburger Autorenwettbewerbs „Stücke über Terror“, reduziert in seinem eigenwilligen Konzept die Besetzungsliste auf vier Darsteller und lässt seine Johanna von zwei parallel agierenden Schauspielerinnen darstellen: ein Mädchen im Zwiespalt ihrer Existenz, eines ständig mit sich selbst korrespondierenden Menschen, zerrissen, im permanenten Ringen um den rechten Weg – ein Akt der Selbstzerfleischung. Diese gequälte Johanna ist nur noch Frankreich gehorsam, eine zunächst verwirrende, dann aber zunehmend reizvolle Sicht der Rolle. Neben den doppelten Johannas teilen sich noch zwei männliche Akteure in diverse andre Aufgaben und treten zusätzlich als Puppenspieler auf, die gespenstisch wirkende Figuren – vornehmlich aus dem Klerus und der Inquisition – verkörpern. Ein komödiantisches und eindringliches Spektakel, das in einem bestechend geometrischen Bühnenbild abläuft. Eberhard Keienburg hat dazu sechs kastenartig eingerahmte Spielflächen kreiert, die sich zur Hinterbühne verjüngen: Reales und Irreales lässt sich magisch verbinden.
Der Zuschauer, der bereit ist, sich auf diese fremde Welt einzulassen, kann vom Violoncello-Spiel (hingebungsvoll und aggressiv zugleich: Barbara Kuch) getragen, immer tiefer in die Psyche der Johanna eintauchen, die erfahren muss, dass Krieg Blut und Grauen bedeutet: „Kaputte Seelen bleiben kaputt“.
Das Ensemble „Junges Staatstheater“, unter der Regie von Matthias Faltz, konnte Krolkieviczs Stück mit Einfühlsamkeit und Spielfreude überzeugend umsetzen. Langer Applaus für Annettte Müller und Oda Zuschneid in der Charakterisierung der beiden Johannas und für Charles Toulouse und Oliver Wronka in wechselnden Männer- und Puppenrollen. (Mur) / Rhein-Main.net