Die Nacht ist eine schöne Jahreszeit

Über das Leben und Sterben der Schlagersängerin Renate Kern

Von Margit Rogall

Ein Monolog mit Liedern

Margit Rogall, die bislang vor allem als Schauspielerin und Regisseurin bekannt ist, hat einen Text mit Musik über das Leben der Schlagersängerin Renate Kern verfasst: eine Hommage an die Karriere einer durchschnittlichen deutschen Schlagersängerin mit tragischem Ende. Die kommerziell ausgerichtete, einfach gestrickte Unterhaltungsmusik und der Selbstmord der Sängerin hat die Schauspielerin Rogall zu diesem Stück angeregt.
Es behandelt das Leben einer Sängerin mit all ihren kitschigen Träumen vom vermeintlichen Glück und den Absturz einer Figur, die sich ihrer Banalität im künstlerischen Ausdruck immer stärker bewusst wird.
Renate Kern, die sich in späteren Jahren Naca Wood nannte, war mit ihrer burschikosen Ausstrahlung und der etwas herben Stimme eine Ausnahme in der deutschen Musikszene. Hits wie "Du musst mit den Wimpern klimpern", "Lieber mal weinen im Glück" oder "Alle Blumen brauchen Liebe" machten sie in den 60er Jahren bekannt. Was sie in ihren Liedern besang - Liebe, Hoffnung, Trost und Erfüllung - hat sie selbst nie gefunden. Man verpasste ihr das Image des Kumpels oder der guten Freundin, und das Taschentuch, das sie immer wieder zücken musste, wurde zu ihrem Markenzeichen. Als "Königin der Provinz" schaffte sie es, über ein Jahrzehnt gleichbleibend erfolgreich und gefragt zu bleiben. Sie wurde Dauergast in der ZDF-Hitparade, beteiligte sich an Schlagerwettbewerben und ging international auf Tournee. Doch die Versuche, sie als internationalen Star zu etablieren oder ihr Repertoire zum anspruchsvollen Chanson hin zu erweitern, blieben ohne Erfolg.
Mitte der 70er Jahre stagnierte die Karriere. Der Weg in die USA und der Versuch, mit einem neuen Image als Country-Sängerin an ihre alten Erfolge anzuknüpfen, machten die Sache noch schlimmer. Es folgte der Fall ins Bodenlose, Selbstmord.
Renate Kern starb 1991 im Alter von 46 Jahren.

Auszug aus der Kritik der UA in Nürnberg:

"Uraufführung "Butterfahrt" von Margit Rogall in den Kammerspielen des Nürnberger Schauspielhauses
Die Bühne ist wüst und leer, aus dem Off ein süßlicher Schlager aus den Fünfzigern: "Meine Welt ist schön, so schön / seit ich weiss, dass wir zusammenstehn ...".

Das ältere Publikum hat diese Schnulze noch im Ohr und kennt den Namen der Sängerin, die jahrelang die Hitparade im ZDF bestritt und zu den Schlagerstars jener Jahre zählte: Renate Kern."

"Keine Biographie der Sängerin Kern, sondern ein Melodram mit Tiefgang. Elke Wollmann spielt diese Geschichte aus Angst und Verzweiflung mit einer anrührenden Naivität. Und sie singt, selbst einschlägig begabt, in einer raffinierten Mischung aus Playback und Originalton die rührseligen Schlager, die man Renate Kern auf den Leib schrieb - eine Meisterleistung der Ton- und Musikregie (Andreas Schäfer, Thomas Zahn), die die Übergänge und Abbrüche mal harmonisch, mal dissonant gestaltet und damit aufkommende Schnulzenseligkeit dramatisch verfremdet.
(Fränkischer Tag)

UA am 13.12.2003