Hannah hat ein Baby mit Heiner bekommen und es trägt den Namen des Patenonkels André. Da steht nun also eine Kleinfamilie auf der Bühne und die drei Spielwütigen wollen „Wilhelm Tell“ spielen: „Drei Künstler reichen völlig, wenn sie begabt und wandlungsfähig sind!“, meint André. Doch wieder ist ein Schauspieler eben auch nur ein Mensch und in diesem Fall ein übernächtigter Vater oder eine Mutter – die aktuellen Themen im wahren Leben spiegeln sich in Schillers Drama über den Schweizer Freiheitskampf und den Vater, der mit dem Apfelschuss die schwerste Probe seines Lebens bestehen muss. Umgekehrt entzünden sich die schlagfertigen Konflikte der drei Schauspieler über das Drama. So wird nicht nur auf raffinierte, und äußerst unterhaltsame Weise der ganze Tell in 90 Minuten erzählt – mit Versatzstücken des Schillerschen Originals –, vielmehr wird er zum hochaktuellen Stück: über Rollenbilder von Mann und Frau und Vater und Mutter, über die Schwierigkeit Kinder und Job unter einen Hut zu bringen und um Emanzipation: „Eigentlich sind es die Frauen, die gegenüber ihren windelweichen Männern das Heft in die Hand nehmen und den Widerstand organisieren“, schimpft Hannah.
Das Publikum wird bestens unterhalten, muss jedoch auch mitanpacken – wohin mit dem Säugling, wenn alle drei in der Szene gebraucht werden? Und wer spielt das murrende Volk?
Ein Theaterspaß für das Junge Theater, der den Klassiker auf humorvolle Weise ernst nimmt, ihn auf seine Aktualität hinterfragt.