Habgier, Verrat und das Streben nach Macht stecken in Jan Geigers Debütstück den Rahmen ab für ein psychisches Pokerspiel zwischen drei eiskalten Geschäftsmännern.
KOW LOON, ein Stadtteil von Hongkong. Zwischen kalten Glasfassaden, gehetzten Büromenschen und der Dekadenz der wirtschaftlich Erfolgreichen befindet sich der gesichtslose Konzernsitz. Im Aquarium, dem zentralen Raum, in dessen verspiegelten Wänden jeder jeden beobachtet, beraumt Geschäftsführer Edwin ein geheimes Krisentreffen mit seinem ehemaligen Protegé, dem skrupellosen Emporkömmling Johannes, und dem Opportunisten Henry an. Von seiner Affäre, der Putzfrau Christina, weiß er, dass ein wichtiger Investor nicht mehr zahlungsfähig ist – das Aus für die Firma. Edwin wittert seine Chance, sich mit einer Summe in Millionenhöhe unbehelligt davonzumachen. Was er nicht weiß, ist, dass in Wahrheit Johannes hinter Christinas Information steckt, der sich nach Edwins Verschwinden an die Spitze des Unternehmens setzen will. Doch während Johannes glaubt, alle Fäden in der Hand zu halten, läuft er selbst ins offene Messer …
In KOW LOON belauert jeder jeden – und jeder scheint die Finten des Anderen vorauszuahnen. An Familie, Freundschaft oder gar Moral wird hier kein Gedanke verschwendet. Mit der Vorführung dreier Ratten, die das sinkende Schiff nicht verlassen wollen, ohne wenigstens noch eine anständige „Abfindung“ mitzunehmen, präsentiert Jan Geiger ein Panorama jener Charaktereigenschaften, die so oder so ähnlich die Finanzkrise mitzuverantworten haben. So ist KOW LOON bei aller Überzeichnung und Groteske dennoch von einer erschreckenden Brisanz. Opfer in diesem Spiel, in dem „jeder bekommt, was er sich nimmt“, wird schließlich Christina, deren halbherziger Erpressungsversuch die „großen Fische“ nicht beeindrucken kann. Ihre Vergewaltigung erscheint als logische Kulmination einer grausamen Effizienzmentalität. Und wenn Edwin am Ende als der vorläufige Sieger dasteht, ist eines klar geworden: Käuflich ist in dieser Welt jeder.