Als „grüne Korridore“ wurden seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine zivile Fluchtkorridore für Menschen bezeichnet, um umkämpfte Gebiete zu verlassen. In ihrem Auftragswerk für die Münchner Kammerspiele, das die ukrainische Autorin inspiriert von eigenen Erlebnissen auf der Flucht geschrieben hat, machen sich 4 Frauen aus Charkiw, Tschernihiw, Butscha und Kyjiw auf den Weg nach Europa. Sie alle sind Zeuginnen von Vergewaltigung und Tod, bis auf eine der Frauen: die ist Schauspielerin und hat nichts Schreckliches erlebt, – kann aber alles spielen. Genau dafür muss sie büßen und wird als Sündenbock sieben Mal im Laufe des Stückes von ihren Mitreisenden zur Strecke gebracht. Mit unnachahmlich schwarzem Humor portraitiert Vorozhbyt die Menschen im Transit, zeigt ihre Nöte und Kämpfe, wo sie lügen, etwas verstecken oder von guten und bösen Geistern der Vergangenheit heimgesucht werden. In der Wartezone zu einem neuen Leben in Europa brechen zwischen den Figuren Konflikte auf, die tief hinein in die Geschichte der Ukraine und Europas reichen. Wer hat hier wen verraten oder einfach übersehen? Wer hat mit wem kollaboriert und profitiert? Eine Europäerin will Gutes tun, macht dabei aber keine gute Figur.
„…eine überbordende, bizarre, schmerzliche, sarkastische und auch an die Nieren gehende Topografie des Krieges.“
Süddeutsche Zeitung