Die Häftlinge Erwin -LKW-Fahrer, verurteilt wegen Totschlag- und Robert -Immobilienhai, verurteilt wegen Erpressung- haben auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam. Dennoch sitzen beide in Haft und leisten ihren Strafdienst beim Sortieren von Nachlässen verstorbener Insassen. Und beide wünschen sich einen frischen Start in ihrer idealen Welt. In Bücherkisten stolpern sie über Lessings „Nathan der Weise“. Als sie wegen eines Stromausfalls in der Ablage-Zelle übernachten müssen, beschließen sie dieses Plädoyer für Gleichberechtigung, Vergebung und Gerechtigkeit auf ihre Art nachzuspielen und die Welt durch andere Augen zu erleben. Aufbauend auf „Nathan to go“ des beliebten Youtube- Kanals „Sommers Weltliteratur to go“ gibt „Nathan 2.0“ einem Kernstück der Aufklärung einen frischen Anstrich für junges Publikum, der sich auch bestens für mobile Produktionen eignet.
Miroslav ist Fußballfan. Und zwar so richtig. Spiele im Stadion, die Mannschaft erleben, mitfiebern, mitweinen, mitlachen. Da geht es um Leben und Tod! Deswegen ist die Europameisterschaft für ihn ein Muss. Vor ein paar Jahren in Russland war er auch schon dabei. Dort lernte er Anton Himmelkron kennen, der seit Jahren zu jedem Turnier fährt. Aber nicht nur um Fußball zu erleben. Er sucht dort nach seiner Schwester, von der er im KZ Theresienstadt getrennt wurde. Miroslav hört zu und erfährt von einer ergreifenden Kindheit, in der Fußball wirklich eine Frage von Leben und Tod war. TEREZÍN erzählt mitreißend am Beispiel eines fußballbegeisterten Geschwisterpaars, von den Schicksalen jüdischer Familien in den Konzentrationslagern des Nationalsozialismus.
Die Feuerameise ist mit einem Brief unterwegs. Diesen hat sie vom Braunbär erhalten, mit dem Auftrag diesen dem Eisbären, seinem Cousin neunzehnten Grades, an den Nordpol zu bringen. Unterstützung erhält Ameise dabei von zwei Pandas, die sich eigentlich nur ungern selbst bewegen, aber in diesem Fall unbedingt helfen wollen. Schließlich sind sie doch mit dem Absender beziehungsweise Empfänger verwandt. So machen sich die drei auf, lernen die Party-Kakerlaken, eine zerstrittene Waschbärenfamilie, eine hilfsbereite Schmetterlingskolonie und viele andere kennen. Doch warum wird es auf ihrer Reise immer heißer und heißer? (Landestheater Eisenach)
Argentinien, im Rio Negro-Tal. Ein Lastwagen kippt um und entleert seine gesamte Ladung an Kühen auf der Straße. Einheimische nähern sich der Unfallstelle, um sich in einem brutalen Gemetzel zwischen toten und lebenden Tieren die besten Stücke Fleisch zu sichern. Die beiden Teenagerinnen Belinda und Mora werden Zeuginnen dieses Blutrausches, von dem nur Belinda mit einem geretteten Kalb nach Hause zurückkehrt. Mora verschwindet spurlos. Zusammen mit dem Schwalbenjungen, einem der Wanderarbeiter, die nur für die Feldarbeit in die Gegend kommen, sucht Belinda nach ihrer Freundin. Die beiden rennen gegen Wände aus Rassismus und Machismo, erfahren aber auch Unterstützung und Verbundenheit im Kampf um einen Wandel. Laura Santos schrieb EIN SCHWALBENJUNGE 2020 während einer Residenz am Royal Court Theatre in London. Das Stück war 2023 für den „Münchner Förderpreis für neue Dramatik“ nominiert und beschreibt in eindringlichen Bildern Rassismus, den Hass auf Frauen und allen Abweichungen von der „gesellschaftlichen Norm“.
Sechs neurotische Charaktere treffen aufeinander und versuchen einander zu lieben, so gut sie es eben können. Die einen idealisieren den anderen und hoffen, dass aus dem Geliebten ein Liebhaber wird, andere stehen ratlos einer verdrehten Wahrheit gegenüber. Und der Rest verzweifelt am Verlangen ernst genommen zu werden. Letztlich sehnt sich jeder, ob in der Rolle des Opfers oder des Täters, des Liebhabers oder der Geliebten, nach echten Gesprächen und ehrlicher Zuneigung. In lebendigen, absurd-witzigen Dialogen treffen die Figuren in immer neuen Zweierkonstellationen aufeinander, tasten sich ab und fordern sich heraus. Denise Despeyroux verknüpft die Szenen geschickt zu einem Reigen, der nach und nach die gesamte Bandbreite menschlicher Gefühle entfaltet.
Juana steht kurz vor dem Abschluss ihres Universum-29-Experiments. Sie hat im Keller ihres Elternhauses die ideale Umgebung für eine Überbevölkerung von Ratten geschaffen. Ohne Veränderungen in der Umgebung, mit unbegrenzten Ressourcen. Wenn alles gut geht, wird Juana ihr eigenes Universum im Elternhaus verlassen. Wird erwachsen, wird brennen. Ihrer Mutter erscheint es jedoch nahezu unmöglich, die Kinder gehen zu lassen und ihr Bruder Mai hat Strategien entwickelt, für immer als Kleinkind durchzugehen. Mit der Ankunft von Andrea verändern sich die Fliehkräfte im Haus. In DIE FEUERFESTEN erzählt die spanische Autorin Ruth Rubio vom vom Verlassen des eigenen Nestes, von den Grenzen der Ethik, und vom Sprung zur Reife, der fast unbeabsichtigt erfolgt, wie eine versehentliche Verbrennung. Mit schnellen Repliken, trockenem Witz und feiner Psychologie entwirft sie eine doppelte Versuchsanordnung über die Grenzen des Zusammenlebens. Als Mensch und als Ratte.
9,6 Milliarden US-Dollar. Das ist der Verlust, den die Ever Given jeden Tag verursachte, als das Schiff den Suezkanal blockierte. 9,6 Milliarden Dollar beträgt auch die Strafe, die der Ölkonzern Chevron nach jahrelanger Verschmutzung des Amazonas in Ecuador zahlen musste. 9,6 Milliarden, so viel kostet das neue James-Webb-Weltraumteleskop. 9,6 Milliarden. Mit so vielen Menschen werden wir im Jahr 2050 auf diesem Planeten sein. In einer Zeit, in der Ölkonzerne mehr für Anwälte ausgeben, um Bürger zum Schweigen zu bringen, als für ihre Umweltstrafen. In einer Zeit, in der Landwirte, die ihr Land gegen multinationale Konzerne verteidigen, selbst verklagt werden. In einer Zeit, in der Bürger, die handeln, verurteilt werden, während sich Täter von ihrer Schuld freikaufen. Zu diesem Zeitpunkt spricht eine Frau zu uns. Sie ergreift das Wort.
Jesus wird von Pontius Pilatus verurteilt, in Golgatha von Soldaten gekreuzigt und später in ein Felsengrab gebracht. Jesus aufersteht von den Toten, erscheint Maria Magdalena und seinen Jüngern. Doch nun beginnen die bekannten Abläufe aus dem Neuen Testament wieder von vorne: Jesus wird abermals mit Pontius Pilatus konfrontiert, muss abermals nach Golgatha, trifft wiederum Soldaten und Maria Magdalena. Nur diesmal ist alles etwas anders …
Lucie wächst in der Zeit der belgischen Kolonialherrschaft als Weiße im Kongo auf, fühlt sich aber von Kindheit an als Schwarze. Sie fordert das Recht, ihre Wurzeln und ihre Hautfarbe frei zu wählen, trotzig ein. Als Lucie als Jugendliche nach einer Vergewaltigung durch ihren Kindheitsfreund schwanger wird, muss sie ihre Tochter nach der Geburt abgeben und wird in ein Klosterinternat nach Belgien verbracht. Nach einer schwierigen Schul- und Studienzeit schafft sie es, ihre Tochter Félicité zu sich zu holen und sich in Belgien eine Existenz als Lehrerin aufzubauen. Dennoch fühlt sie sich weiterhin im falschen Land und „in der falschen Haut“ – eine Entwurzelung, die sich auch auf die heranwachsende Felicité auswirkt. Ich bin nicht von hier ist ein ergreifender Bericht über ein Exil im eigenen Land. Es erzählt von den Jahren nach der Kolonialzeit – einem wenig bekannten Kapitel der belgischen Geschichte.
Wenn Schönheit ein Produkt ist, hat sie auch ein Ablaufdatum. Das merkt auch die böse Stiefmutter, als ihr der Spiegel erbarmungslos mitteilt: Schneewittchen tausendmal schöner (und zwanzig Jahre jünger)! Also muss Schneewittchen getötet und ihr Herz gegessen werden, das ist die logische Konsequenz. Genauso logisch wie die Investition in eine Karriere als Granfluencerin oder die Anmeldung in einem Menopausen-Internetforum. Frau kann stattdessen natürlich auch auf ihre außergewöhnlichen kommunikativen Fähigkeiten setzen, um sich als rangniederstes Mitglied in eine Affenhorde einzufügen. SPIEGLEIN, SPIEGLEIN, HALTS MAUL, WIE MÜSSEN NACHDENKEN ist eine Studie über Schönheit und das Älterwerden, den male gaze, Mutterschaft und die weibliche Sexualität. Basierend auf dem Comic „Der Ursprung der Welt“ von Liv Strömquist wagt Ada Berger einen wilden und humorvollen Streifzug durch die Welt der gesellschaftlichen Erwartungshaltungen, dessen Ziel es nur sein kann, sich von ebenjenen zu lösen – hoffentlich, bevor giftige Äpfel verteilt und Herzen verspeist werden.